Agile Ausschreibungen: 7 Tipps für den Blitzstart ins Projekt

Fast zwei Drittel aller mittleren und großen Unternehmen beschäftigen sich nach eigener Aussage “stark” mit dem Thema Agilität, bei über 70 Prozent wird bereits agil gearbeitet, wenn auch noch nicht in allen Bereichen. Wenn Agilität zum Standard wird, müssen auch externe und ausgelagerte Services nach diesem Kriterium arbeiten. IT-Service-Provider sind dazu in aller Regel in der Lage. Aber vor einer agilen Zusammenarbeit mit einem agil arbeitenden Dienstleister steht nach wie vor – die Ausschreibung. Wenn sich der Auswahlprozess für einen Partner über viele Monate hinzieht, konterkariert das die Agilitätsprinzipien. Verkürzt gesagt: Bis der Startschuss erfolgt, kann der eigentliche Anlass für die Vergabe nach außen schon wieder Geschichte sein – oder sich zumindest signifikant verändert haben.

Wie also lässt sich bereits der Ausschreibungsprozess agil gestalten? Grundlegend anders als bei herkömmlichen Ausschreibungen ist der inkrementelle Ansatz. Anspruch ist nicht, alle Eventualitäten von vornherein abzudecken. Stattdessen wird eine Vision formuliert, unter der die Anforderungen sukzessive und Top-down formuliert und geschärft werden. Auch die Ausschreibung wird – wie jedes agile Projekt – in Sprints aufgeteilt. In jedem Sprint werden Fokus und Scope der Anforderungen vertieft und angepasst, um das Verständnis der Anbieter für die Anforderungen zu erweitern, so einen Rahmen für das Umsetzungsprojekt zu schaffen und das verbundene Risiko für beide Seiten zu reduzieren. Damit dieser Blitzstart und Staffellauf funktioniert, haben sich sieben Prinzipien bewährt:

Für die auszulagernden Leistungen ist zusammen mit allen relevanten Stakeholdern ein Zielbild festzulegen. Dies kann initial über eine Vision erfolgen. Daraus lassen sich High-Level-Anforderungen mit Epics oder User Stories ableiten. Dafür stehen inzwischen – abhängig vom Reifegrad der geplanten Lösung – auch Musterdokumente zur Verfügung.

Auch eine agile Ausschreibung braucht Zeit. Während der Abwicklung ergeben sich mit hoher Wahrscheinlichkeit neue Entwicklungen im Unternehmen oder im Markt, und das Team produziert neue Ideen. Eine Gliederung der Ausschreibung in Sprints eröffnet die Möglichkeit, Anforderungen und Lösungen sukzessive in jedem Sprint zu entwickeln und zu schärfen.

Für ein agiles Vorgehen müssen die wichtigen Rollen beim ausschreibenden Unternehmen verankert werden. Hierzu gehört der Produkteigner, der Ausschreibungsziele und fachliche Anforderungen formuliert. Daneben ist der Agile Master dafür verantwortlich, dass die agilen Werte auch wirklich gelebt werden – ansonsten droht ein Rückfall in die klassischen Verhaltensmuster. Ideal ist es, wenn Anbieter diese Rollen spiegelbildlich besetzen – das erleichtert eine nahtlose Kooperation und insbesondere Kommunikation erheblich.

Auslagerndes Unternehmen und Anbieter haben oft eine unterschiedliche Sicht auf mögliche Lösungsansätze und das Lösungsdesign. Eine gemeinsame Betrachtung birgt viel Potenzial für Optimierung. Ein frühzeitiger Austausch in Form von Workshops ist deshalb empfehlenswert.

Die agilen Werte (Vertrauen, Partnerschaft etc.) müssen tatsächlich „gelebt“ werden. So entsteht eine Basis für höchstmögliche Innovationsbereitschaft. Die Partner sollten von Anfang an auf Augenhöhe offen kommunizieren, etwa, indem alle verfügbaren Informationen zu den Anforderungen und Rahmenbedingungen geteilt werden. Hier gilt der Ansatz maximaler Transparenz, so dass der Anbieter selbst entscheiden kann, welche Informationen im Sinne eines Data Mining von Relevanz sind.

Anbieter sollten dem eigenen Team über Retros die Möglichkeit eröffnen, regelmäßig Feedback zu geben: nicht nur über die erzielten Ergebnisse, sondern auch über die Art der Zusammenarbeit.

Im Rahmen einer agilen Ausschreibung wird die Lösung oft erst während der Transformation entwickelt. Eine umfassende vertragliche Regelung ist deshalb nicht realistisch. Als gute Lösung haben sich agile Werkverträge erwiesen. Dabei werden die Art der Zusammenarbeit in Form von Sprints, initiale Anforderungen über ein Backlog sowie der Personaleinsatz definiert. Der Produkteigner priorisiert diese Anforderungen dann während der Umsetzung dynamisch im Backlog. (fm)

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