Computational Thinking: Warum Kinder neu zu denken lernen sollten

Computational Thinking, also das Zerlegen von Problemen in einzelne Schritte, natürlich am besten mit IT-Unterstützung, soll Kindern helfen, Aufgaben besser lösen zu können.


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Wir leben in einer zunehmend digitalen Welt. Computer und Software sind Teile unseres täglichen Lebens und haben in den letzten Jahrzehnten als Beschleuniger für viele Bereiche fungiert. So können wir rückblickend sehen, dass sich viele Wissenschaften in den letzten 50 bis 70 Jahren wesentlich schneller entwickelt haben als in den vorangegangenen Jahrhunderten. Ein Grund dafür liegt in dem Einfluss von Computern und Datenverarbeitung. Mehrere entscheidende Momente haben die Evolution der menschlichen Spezies geprägt und wirkten sich auf die genetische Entwicklung der Menschen aus.

Der Blick auf die jüngere Vergangenheit zeigt, dass unsere Evolutionssprünge mit etwas im Zusammenhang stehen, das schon vor zwei Millionen Jahren entwickelt wurde: unserem Gehirn mit seiner Fähigkeit, Wissen anzuwenden, welches unsere Entwicklung als denkende, soziale Wesen gefördert hat. Daher bin ich überzeugt, dass wir nur mit einer umfassenderen und inklusiveren Wissensgesellschaft den nächsten Schritt in der Evolution gehen können.

Für die Entwicklung einer gerechten und integrativen Gesellschaft ist das computergestützte Denken ein wichtiges Instrument. Ein Beispiel: Ohne Computer, die digitale Kommunikation und Menschen, die in der Lage sind, strukturiert und rechnerisch zu denken, wäre es undenkbar, in nur einem Jahr einen Impfstoff gegen Covid-19 zu entwickeln.

Hier kommt nun das Computational Thinking ins Spiel – die Fähigkeit, ein Problem und eine Lösung so zu formulieren, dass ein Computer die unterschiedlichsten Aufgaben erfüllen kann. Die Möglichkeiten eines Computers sind jedoch bekanntlich weitaus begrenzter als die eines Menschen.

Was genau bedeutet Computational Thinking? Es umschreibt den Prozess, ein komplexes Problem in eine Reihe von Schritten zu zerlegen, die so einfach sind, dass sogar eine Maschine sie verstehen kann. Genau dieses Vorgehen kann Kindern und Jugendlichen dabei helfen, zu verstehen, zu vereinfachen und schlussendlich auch zu handeln. Computational Thinking kann ihnen helfen, jedes Problem in ihrem Leben zu lösen – unabhängig ihres Fachgebiets.

Mehr denn je bin ich heute der Meinung, dass alle Kinder ab dem sechsten Lebensjahr das Rechnen und rechnerische, informatische Denken lernen sollten. Das sage ich nicht aus Bequemlichkeit oder Egoismus, sondern als verantwortungsbewusster Mensch und Vater. Für mich ist Computational Thinking das Werkzeug zur Vereinfachung und zur Steigerung der Detailgenauigkeit. Dieses Denken sollten wir den heranwachsenden Generationen beibringen.

Indem wir das tun, bereiten wir Kinder darauf vor, in jedem beliebigen Bereich arbeiten zu können. Zur Wettbewerbsfähigkeit gehört heute nicht mehr nur das Aufstellen von Computern in Schulen oder das Beibringen der englischen Sprache, sondern eben auch Computational Thinking. Ich habe keinen Zweifel daran, dass dies für jedes Land ein enormes Potential birgt.

Es geht nicht darum, dass alle Kinder das Programmieren lernen sollten. Vielmehr sollte man ihnen eine Art des Denkens lehren und sie befähigen, dieses System auf verschiedene Bereiche anzuwenden. Von Sprache, über Geschichte bis zur Chemie – Computational Thinking hat das Potenzial, sich auf jeden Bereich positiv und exponentiell auszuwirken. Menschen, die dieses Denken bereits in jungen Jahren erworben haben, können einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung von Produkten, Dienstleistungen, Konzepten und Kreationen leisten.

Diese wiederum haben das Potenzial, sich auf das Leben eines jeden Einzelnen auszuwirken. Sei es persönlich oder am Arbeitsplatz. Meiner Meinung nach werden unsere Kinder mit den Werten des Computational Thinking viel besser auf diese Welt vorbereitet sein. Sie werden sie besser verstehen und sogar gestalten können. Schon heute spielt die Ausbildung in diesem Bereich eine äußerst wichtige Rolle – als Beispiele können ENSICO in Portugal, Computing at School im Vereinigten Königreich und Code.org in den USA dienen.

Die Entwicklung ist jedoch noch lange nicht abgeschlossen. Unsere Welt durchläuft einen beispiellosen Wandel, getrieben durch die Menschen in der Gesellschaft, die Art und Weise, wie wir Werte schaffen. Der Schwerpunkt des Wandels liegt auf der Entwicklung von Lösungen, die einen echten Einfluss auf die Menschheit haben können. Stellen Sie sich eine Welt vor, in der jede Person die grundlegenden Konzepte der Informatik in ihrer Denkweise verinnerlicht hat.

Führt man sich die enormen Fortschritte vor Augen, die wir in den letzten Jahren erreicht haben, sieht man, dass sie vor allem in Bereichen stattfanden, in den Menschen bereits Computational Thinking anwenden. Das Ingenieurwesen oder die Wissenschaften gehören dazu.

Stellen Sie sich jetzt vor, welche Entwicklung unsere Gesellschaft machen könnte, wenn diese strukturierte Art des Denkens und der Problemlösung noch weiter verbreitet wäre. In einer von Software und Computern beherrschten Welt werden wir nur so in der Lage sein, uns zu verstehen, zu verändern und zum Wohle der Menschheit weiterzuentwickeln. (hk)

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