Die Cloud führt Banken aus ihrem IT-Dilemma

Viele Banken suchen nach einem Weg, wie sie ihre veralteten IT-Systeme für vernetzte Prozesse und moderne Datendienste öffnen können. Dabei rückt zunehmend die Cloud in den Fokus. Wie gelingt der erfolgreiche Einstieg?

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Die Cloudifizierung der Finanzbranche ist nicht mehr aufzuhalten: Acht von zehn IT-Entscheidern erwarten, dass Cloud-Services in den nächsten fünf Jahren erheblich an Bedeutung gewinnen werden, insbesondere in Bereichen wie dem Customer Relations Management und der Finanzbuchhaltung. Für fast 75 Prozent ist die Cloud schon ein fester Bestandteil ihrer langfristigen IT-Strategie (Quelle: PwC-Studie „Cloud Computing im Bankensektor 2021“).

Banken, die ins Cloud Computing einsteigen wollen, sehen sich hauptsächlich mit zwei Herausforderungen konfrontiert: Nicht nur die Sicherheit sämtlicher Prozesse, Anwendungen und Daten muss gewährleistet bleiben, sondern auch die Erfüllung aller Regulierungs- und Compliance-Vorgaben. Allgemein hat sich der von den Aufsichtsbehörden vorgegebene Handlungsspielraum etwas vergrößert, wenn es um die Nutzung digitaler Plattformen wie Amazon Web Services (AWS), der Google Cloud oder Microsoft Azure geht. Zwar haben die großen Cloud-Betreiber ihren Hauptsitz in den USA, aber wegen der EU-Datenschutzvorschriften sind sie inzwischen auch mit europäischen Rechenzentren am Markt vertreten.

Kein Cloud-Erfolg ohne Strategie

Doch wie können Kreditinstitute ihre IT-Systeme, Prozesse und Applikationen in die Cloud migrieren? Ressourcen komplett oder teilweise aus dem Web zu beziehen, sollte kein Selbstzweck sein. Eine prozentuale Vorgabe seitens der Bank macht beispielsweise wenig Sinn. Vielmehr bedarf es einer schlüssigen Cloud-Strategie, die drei grundlegende Fragen beantwortet: Warum will die Bank in die Cloud, welche Mehrwerte sollen damit verbunden sein, und welche längerfristigen Ziele werden angestrebt? Die möglichen Antworten werden am besten mit einem erfahrenen IT-Partner diskutiert.

Das fertige Konzept muss die Besonderheiten des Finanzsektors in den Kernbereichen Governance, Compliance, Sicherheit und Datenmanagement berücksichtigen. Danach werden die vorhandenen Systeme, Anwendungen und Prozesse einer Portfolioanalyse unterzogen, um ein umfassendes Verständnis der IT-Umgebung und der Workloads zu gewinnen. Außerdem muss geprüft werden, welche Anwendungen für die Cloud-Migration geeignet sind. Dazu ist die Bewertung des gesamten Dienstleistungsportfolios erforderlich. Anwendungen, deren Modernisierung oder Anpassung zu komplex ist, werden in ein Application Lifecycle Management überführt. Sie können zu einem späteren Zeitpunkt durch eine Cloud-Applikation ersetzt werden. 

Die wichtige Wahl des Servicemodells

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Im nächsten Schritt stehen die Verantwortlichen vor der Entscheidung, wie tief die Cloud in die Unternehmensprozesse eingebunden werden soll. Zur Wahl stehen die Modelle Software-as-a-Service (SaaS), Infrastructure-as-a-Service (IaaS), Platform-as-a- Service (PaaS) und Business-Process-as-a-Service (BPaaS). Zwischen den genannten Varianten gibt es erhebliche Unterschiede, abhängig von der jeweiligen Schicht im IT-Stack.

Bei Infrastructure-as-a-Service stellt der Cloud-Provider grundlegende IT-Ressourcen wie Rechenleistung, Storage oder Netzwerkkapazitäten zur Verfügung. Die Betriebssysteme, Datenbanken und Anwendungen bleiben unter der Kontrolle der Bank. Das Platform-as-a-Service-Modell umfasst eine Programmierumgebung und Software-Tools, um Cloud-basierte Anwendungen zu entwickeln und auszuführen. Bei Software-as a-Service bezieht die Bank nur ihre Applikationen aus der Cloud, muss sich aber weder um die Installation, noch um die Verwaltung und Updates kümmern. Häufige SaaS-Einsatzgebiete sind die Finanzbuchhaltung, das Enterprise Resource Planning oder das Kundenmanagement. Business-Process-as-a-Service schließlich verbindet die genannten Servicemodelle mit dem entsprechenden Prozess-Know-how.

Auch der Gesetzgeber hat erkannt, dass weitreichende digitale Konzepte unverzichtbar sind, wenn der Bankensektor seine Wettbewerbsfähigkeit verbessern oder zumindest erhalten will.Silke Tessmann, Management-Team (COO und and Head of PSU) GFT Technologies

Die Zukunft gehört der Public Cloud

Grundsätzlich können IT-Entscheider zwischen Private Cloud, Public Cloud oder Hybrid Cloud wählen. Bei Banken ist es derzeit noch üblich, sensible Daten und Anwendungen ausschließlich in einer Private-Cloud-Umgebung zu betreiben oder durch lokale Installationen aus der Wolke heraus zu halten. So soll ausgeschlossen werden, dass Kundendaten verschiedener Institute vermischt oder von anderen Unternehmen eingesehen werden können, was die Vorschriften verletzen würde. Verwaltet wird die Private Cloud vom Finanzhaus selbst oder einem Dienstleister, der Betrieb ist auf dem Gelände der Bank oder extern möglich.

Auch die Public Cloud erfüllt die aufsichtsrechtlichen Anforderungen, wenn sie mandantenfähig ist und einige weitere Kriterien erfüllt. Sie befindet sich im Besitz des Cloud-Anbieters und wird von diesem gemanagt. Die Hybrid Cloud ermöglicht die parallele Nutzung der Plattformen mehrerer Anbieter. Die Prozesse oder Dienste können also auf verschiedene Cloud-Umgebungen verteilt werden. Diese Variante ist besonders attraktiv für den Finanzsektor: Während die meisten Banken vor drei Jahren noch auf die Private Cloud fixiert waren (94 Prozent), sind es aktuell nur noch 50 Prozent. Dagegen steigt die Bedeutung der Hybrid- und Public Cloud im Bankenumfeld mit jedem Monat, befeuert von den flexiblen und kostengünstigen Angeboten der Hyperscaler Amazon, Google, Microsoft & Co.

Hoher Cloud-Reifegrad lässt Vorbehalte verschwinden

Lange galt Cloud Computing unter Bankern als virtuelles Abenteuer, von dem man schon aus Sicherheitsgründen lieber die Finger ließ. Mittlerweile haben Cloud-Lösungen jedoch einen so hohen Reifegrad erreicht, dass diese Vorbehalte überholt sind. Zudem gibt es genügend Dienste, die den Erfordernissen der Finanzbranche Rechnung tragen. Auch der Gesetzgeber hat erkannt, dass weitreichende digitale Konzepte unverzichtbar sind, wenn der Bankensektor seine Wettbewerbsfähigkeit verbessern oder zumindest erhalten will. Nun dürfen die Verantwortlichen keine Zeit mehr verlieren: IT-Systemen, Unternehmensprozessen und Anwendungen aus der Cloud gehört die Zukunft.