Data Governance Act: Niemand braucht diese Wachstumsbremse!

Die nationale und die europäische Politik warnen derzeit einstimmig davor, den digitalen Markt in Europa nicht großen amerikanischen Digitalkonzernen wie Google, Amazon und Microsoft zu überlassen. Die Bestimmungen des Data Governance Act (DGA) sollen dazu beitragen, diesem Trend Einhalt zu gebieten – was wir als Unternehmen HERE grundsätzlich positiv sehen.

Leider sind aber die im derzeit diskutierten Entwurf der EU vorzufindenden Regelungen alles andere als hilfreich. Die EU möchte vermeiden, dass die marktbeherrschenden Akteure alle Daten besitzen und gleichzeitig Dienstleistungen dazu anbieten. Um das zu verhindern, sieht Europa eine operative und rechtliche Trennung vor zwischen einerseits den Datenanbietern (und den Betreibern von Marktplätzen) sowie andererseits denjenigen, die darauf Dienste aufsetzen und betreiben.

Kurz gesagt bedeutet das, wer Daten sammelt, aufbereitet und vermarktet, darf sie anschließend nicht nutzen, um daraus Dienste zu entwickeln und anzubieten. Wir müssten also unser Unternehmen in letzter Konsequenz in zwei Firmen aufsplitten, was unzweifelhaft aufwendig wäre.

Was auf den ersten Blick als machbar erscheint, ist in einem dynamischen Marktumfeld, in dem hybride Plattformen auch im B2B-Bereich eine Rolle spielen, ein Innovationshemmnis erster Güte. In der Elektromobilität und beim autonomen Fahren beispielsweise verlaufen die Entwicklungen rasant und sind vor allem datengetrieben. Die Entstehung der zugehörigen Services geht Hand in Hand mit der Datenerfassung und -aufbereitung. Wenn Unternehmen jetzt gezwungen werden, diese Bereiche zu trennen, werden Innovationen deutlich länger brauchen, weil die getrennten Firmen sich umständlich abstimmen müssen.

Für die vom Gesetzgeber gewünschte Trennung von Daten- und Diensteangebot gibt es keinen erkennbar sachlichen Grund. Die nach dem Entwurf unvermeidliche Aufteilung von Unternehmen in mehrere Teile erzeugt zusätzliche Kosten und wird gerade zu Beginn zu Rechtsunsicherheit führen. Ein Unternehmen wie HERE könnte dies aufgrund seiner starken globalen Präsenz vermutlich bewältigen, doch kleine und mittlere europäische Unternehmen würden dadurch hart getroffen. Und die digitalen Märkte außerhalb der EU würden gestärkt, weil der DGA nur in der EU gelten würde.

Nicht zu Ende gedacht ist auch, wie sich eine solche Regulierung auf andere Märkte, etwa auf die Finanzwirtschaft oder auf die gerade entstehenden Datenräume, auswirken würde. Hier können viele verschiedene Marktteilnehmer Daten anbieten, ohne dass diese zentral auf einer Plattform gespeichert sind. Wir unterstützen diesen Ansatz, da er das Potential hat, den dringend benötigten Schub in die datengetriebenen Geschäftsmodelle zu bringen.

Aber muss wirklich eine strikte Trennung zwischen Datensammlung und Angebot von Diensten im Business-Bereich erfolgen? Wir denken, dass die Erfahrungen mit verschiedenen B2B-Plattformen gezeigt haben, dass es zu keinen Lock-in-Effekten kommen muss und die Kunden ein transparentes Angebot vorgefunden haben, bei dem der Kunde jederzeit die volle Kontrolle über seine Daten behält und gleichzeitig die Daten monetarisieren kann.

Der Data Governance Act darf Unternehmen nicht dazu zwingen, sich nur noch mit sich selbst zu beschäftigen. Und er darf auch keine Kostenbarrieren entstehen lassen, die gerade für kleine, innovative Startups das Aus bedeuten können. Der DGA sollte vielmehr einen Rahmen schaffen, in dem Innovationen dynamisch gedeihen und sich schnell den Marktgegebenheiten anpassen können. Hier ist Überregulierung kontraproduktiv. Regulierung ist nur dann angesagt, wenn sich krasse Fehlentwicklungen oder ein Marktversagen nicht anders beheben lassen. (hv)

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