zeag-Studie 2023 zur Situation im deutschen Mittelstand: Zwischen Erschöpfung und Hochleistung



 

 

Jährlich veröffentlicht das Zentrum für Arbeitgeberattraktivität (zeag), in Zusammenarbeit mit der Universität St. Gallen eine repräsentative Trendstudie zum Status quo im Mittelstand. Die aktuellen Ergebnisse zeigen die starken Auswirkungen von Digitalisierung, Pandemie und Fachkräftemangel auf Arbeitgeber sowie Mitarbeitende. Denn die Ereignisse der letzten Jahre haben den Druck auf deutsche Arbeitgeber erhöht- die wiederum ihr Arbeitstempo erhöhen und den Druck im schlimmsten Fall an ihre Mitarbeitenden weitergeben.

“Die meisten dieser Firmen drohen in eine Beschleunigungsfalle zu geraten”, befürchtet zeag-Geschäftsführerin Silke Masurat. Anzeichen von Erschöpfung in der Belegschaft würden oft als mangelnde Arbeitsmotivation interpretiert und folglich der Druck weiter erhöht – was die Situation noch einmal verschlimmere. “In der Konsequenz zeigt sich eine ausgeprägte kollektive Erschöpfung in der Belegschaft, ein Viertel der an der Studie teilnehmenden Unternehmen arbeiten in dieser Form 2022 am Limit”, analysiert Masurat.

Die Studie vergleicht in besonderem Maße die gesündesten und produktivsten Firmen – im Folgenden Hochleistungsunternehmen genannt – mit den aktuell am schwächsten aufgestellten Organisationen – Unternehmen am Limit betitelt. Daraus lassen sich laut zeag Eigenschaften ableiten, die zu einem modernen und leistungsstarken Unternehmen führen.

Als wichtigste Erkenntnisse der Studie lassen sich folgende Trends ableiten:

  • Über 80 Prozent der Mitarbeitenden in Organisationen am Limit fühlen sich in keinem guten Gesundheitszustand. Diese Unternehmen verzeichnen elf Prozent mehr Abwesenheitstage als gesunde Hochleistungsunternehmen.

  • Die Unternehmensleistung erschöpfter Unternehmen ist knapp ein Viertel geringer als die von gesunden Hochleistungsorganisationen. Außerdem sind sie 18 Prozent weniger produktiv und wachsen 13 Prozent geringer.

  • Lediglich ein Drittel der Mitarbeitenden in Limit-Unternehmen sind zufrieden mit ihrem Arbeitgeber. Auch die Arbeitgeberattraktivität bricht um mehr als zwölf Prozent ein.

Rund 15 Prozent der Unternehmen schafften es, diese disruptiven Zeiten besonders erfolgreich zu meistern. Diese Firmen zeichnet ihre Haltung aus, die Herausforderungen als Chance für einen Wandel zu begreifen und ihr Unternehmen entsprechend auszurichten. Im Resultat profitieren sie von starkem Zusammenhalt, positivem Engagement und einer hohen Sinnerfüllung in der Belegschaft und im Unternehmen.

Die Studiendaten bestätigen weiterhin, dass 75 Prozent der gesunden Hochleistungsunternehmen von ihren Mitarbeitenden als überaus attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden. Gleichzeitig leiden nur rund zehn Prozent dieser Unternehmen unter einem Arbeitskräftemangel.

 

Silke Masurat, zeag: “Ein Viertel der mittelständischen Firmen arbeitet am Limit.”

Ihnen gegenüber stehen Unternehmen am Limit. “Ihr Arbeitsalltag prägt kollektive Erschöpfung und gleichzeitig hohe Resignation bei großen Teilen der Mitarbeitenden”, analysiert die zeag-Chefin. Den erhöhten Anforderungen begegneten sie häufig mit mehr Arbeit und Druck. Gleichzeitig verharrten diese Unternehmen in alten Mustern. “Änderungen, wie etwa eine veränderte, digitalisierte Zusammenarbeit setzen sie zwar um, allerdings scheitert sie an veralteter Führung und Kultur”, stellt Masurat fest.

62 Prozent der Unternehmen am Limit leiden an einem starken Arbeitskräftemangel. Gleichzeitig nehmen rund 90 Prozent der Mitarbeitenden dieser Unternehmen ihren Arbeitgeber als wenig attraktiv wahr.

Als Hauptursachen für die Beschleunigungsfalle hat die Studie folgende Merkmale ausgemacht:

  • Sinnempfinden: Eine Arbeit wird von Mitarbeitenden häufig dann als sinnvoll empfunden, wenn sie bedeutsam ist, kohärent mit dem eigenen Lebensstil ist, substanziell zu bekannten und akzeptierten Unternehmenszielen beiträgt und Mitarbeitende im Rahmen der Tätigkeit Wertschätzung erfahren. In hohem Maße empfinden dies 75 Prozent der Mitarbeitenden bei gesunden Hochleistungsunternehmen. Lediglich zwölf Prozent erreichen Unternehmen am Limit in dieser Kategorie.

  • Führung: Mehr als 75 Prozent der gesunden Hochleistungsunternehmen etablierten im Jahr 2022 ein positives Führungsklima in ihren Unternehmen. In Unternehmen am Limit erleben 67 Prozent der Mitarbeitenden eine autoritäre Führung – häufig als Ergebnis eines Führungsvakuums. Mitarbeitende nehmen ihre Führungskraft dort immer weniger wahr.

  • Unternehmenskultur: Gesunde Hochleistungsunternehmen besitzen mit etwa 90 Prozent eine moderne Unternehmenskultur. Diversitätsmanagement fördert hier soziale, kulturelle und ethnische Vielfalt. Emotionalisierende HR-Maßnahmen stärken zusätzlich das Miteinander. Mitarbeitende erfahren außerdem gezielte Weiterentwicklung. 80 Prozent der Unternehmen am Limit weisen das Gegenteil auf.

  • Leistungsfokussierung: Gesunde Hochleistungsunternehmen haben es geschafft, in den herausfordernden Zeiten den Leistungsdruck in ihrem Unternehmen gering zu halten und gleichzeitig positive Energien zu mobilisieren. Während von ihnen nur rund 38 Prozent mit Managementsystemen eine starke Leistungsorientierung fördern, sind es unter Unternehmen am Limit mehr als 75 Prozent. In Unternehmen am Limit erfahren 91 Prozent der Belegschaft einen überfordernden Leistungsdruck, der durch leistungszentrierte HR-Systeme befeuert wird.

Für die Trendstudie befragte die zeag GmbH im Rahmen der Arbeitgeberbewertung Top Job über 10.000 Mitarbeitende und Führungskräfte aus rund 80 deutschen Unternehmen. Die Auswertung übernahm das Institut für Führung und Personalmanagement der Universität St. Gallen. Im Ergebnis entstand eine repräsentative Stichprobe der deutschen Arbeitnehmerschaft in einem diversen Spektrum kleiner (25 Prozent), mittelständischer (44 Prozent) und größerer Unternehmen (31 Prozent) mit einer Mitarbeiterzahl zwischen acht und 2.174. Vornehmlich nahmen Unternehmen aus dem Bereich Service und Dienstleistungen sowie dem Produktionsbereich teil. Doch auch Finanz-, Versicherungs- und Immobilienbetriebe sowie Firmen aus dem Groß- und Einzelhandel und dem Baugewerbe gehören zu den Befragten.

Weitere Insights zum Unterschied zwischen Hochleistungsunternehmen und Unternehmen am Limit inklusive Praxisbeispielen mittelständischer Unternehmen sowie Handlungsideen der Forscher der Universität St. Gallen erhalten Interessierte in der Gesamtstudie, die auf www.topjob.de zur Verfügung steht.

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