Wie autonome Fahrzeuge durch Quantencomputing sicherer werden können

Automobilhersteller planen, Quantentechnologie zunehmend auch bei fortschrittlichen Fahrerassistenzsystemen (ADAS) einzusetzen.

Automobilhersteller planen nach den Erfolgen der Quantentechnologie bei der Entwicklung von Autobatterien oder softwaredefinierten Fahrzeugen (SDV) sowie bei der Optimierung der Konnektivität im Fahrzeugbereich, diese Technologie zunehmend auch bei fortschrittlichen Fahrerassistenzsystemen (ADAS) einzusetzen. Hersteller wie Tesla wollen die Vorteile der Quanten-KI etwa für ihre zukünftige Full Self-Driving (FSD)-Lösung nutzen. Allerdings bedarf es hierfür gewisser Sicherheitssysteme gegen Cyberangriffe und vor allem erstmal einem geschärften Bewusstsein für die Gefahren solcher Attacken.

ADAS machen Fahrzeuge sicherer

ADAS sollen die Sicherheit von Fahrern erhöhen und das Fahrerlebnis verbessern. Dazu nutzen sie etwa Sensoren, Kameras, Radar und Lidar, um Echtzeitinformationen und Fahrerunterstützung zu liefern. Die Daten speisen Funktionen wie die adaptive Geschwindigkeitsregelung (ACC), die den Abstand zwischen den Fahrzeugen vorausschauend regelt, sowie Spurhalteassistenten, Kollisionswarnung, Erkennung des toten Winkels, Fußgängererkennung und Einparkhilfe.

Der erfolgreiche Einsatz all dieser Funktionen hängt jedoch von zwei Schlüsselkomponenten ab: Sensoren und KI. Fahrzeuge mit ADAS-Technologien benötigen viele Sensoren, um umfassende und vollständige Nutzerdaten über das Auto und seine Umgebung zu liefern. Basierend darauf, unterstützt dann die bordeigene KI oder cloudbasierte KI eine intelligente Entscheidungsfindung und ermöglicht ein autonomes Fahren.

Sensoren mit Quantentechnologie

Im Vergleich zu herkömmlichen Fahrzeugsensoren eröffnen Sensoren mit Quantentechnologie mehr Möglichkeiten für autonome Fahrzeuge. Diese hochmodernen Sensoren befinden sich zwar im Anfangsstadium ihrer Entwicklung, haben aber das Potenzial, ADAS robuster und zuverlässiger zu machen, durch:

Verbesserte Informationserfassung
Die Integration quantenbasierter Sensoren in ADAS kann die Informationserfassung eines Fahrzeugs verbessern. Dank der hohen Empfindlichkeit und Präzision der Sensoren können feine Veränderungen in der Umgebung erkannt werden, z. B. bei der Erkennung von Hindernissen auf der Straße und der Position bzw. Bewegung anderer Fahrzeuge oder Fußgänger, so dass die Systeme früher auf potenzielle Risiken aufmerksam werden können.

Genauere Positionierung und Navigation
Dank der hochpräzisen quantenbasierten Sensoren lassen sich genauere Ortungs- und Navigationsfunktionen erreichen. Dadurch können die Fahrzeugpositionierung, die Aktualisierung von Straßenkarten und die automatische Routenplanung von ADAS verbessert werden, so dass die Fahrzeuge genauer fahren und komplexe Verkehrssituationen besser bewältigen können.

Weniger Fehlalarme und Fehleinschätzungen
Die hohe Empfindlichkeit und das geringe „Grundrauschen“ der Sensoren können dazu beitragen, Fehlalarme und Fehleinschätzungen in ADAS zu reduzieren. Durch die Verwendung präziser Daten können die Systeme echte Gefahrensituationen besser von anderen, harmlosen Ereignissen unterscheiden, was die Zuverlässigkeit und Leistung der ADAS erhöht.

Verbesserte Lernfähigkeit und Selbstoptimierung
Durch die Kombination quantenbasierter Sensoren mit den intelligenten Lernfunktionen von ADAS kann eine verbesserte Selbstoptimierung erreicht werden. Die Systeme können ihr Verhalten und ihre Entscheidungsfindung dank der Sensordaten verbessern und so ihre Leistung und Anpassungsfähigkeit kontinuierlich steigern.

Zur Bereitstellung der KI-Funktionen benötigen ADAS allerdings eine erhebliche Rechenleistung, wie sie etwa die Tesla Model 3 Highland-Version mit 720 Billionen Operationen pro Sekunde (TOPS) bietet. Neben CPU- und GPU-Verbesserungen zur Leistungssteigerung haben auch NPUs (Neural Processing Units) in letzter Zeit einen Aufschwung erlebt. Außerdem gelten QPUs (Quantum Processing Units) als die Stars der Zukunft und versprechen eine höhere Rechenleistung für den Einsatz im Auto.

Aber Quantencomputer bieten nicht nur eine hohe Rechenleistung in Fahrzeugen, sondern können auch eine noch größere, bessere und stabilere Rechenleistung in der Cloud bieten. Es ist nicht verwunderlich, dass IBM im vergangenen Jahr sein erstes Quantenrechenzentrum in Europa eröffnet hat.

Herausforderungen beim Quantencomputing

In dem Maße, in dem die Quantencomputertechnologie breite Anwendung in autonomen Fahrzeugen findet, entstehen jedoch auch Bedenken hinsichtlich einer möglichen Unterbrechung von Quantenberechnungen oder Beeinträchtigung von Quantencomputer-Operationen, was zu Sicherheitsrisiken führen kann, ganz zu schweigen von Risiken für Menschenleben. Das Hauptrisiko ist die sogenannte Quanten-Dekohärenz. Der Kern, der in Quantencomputern für die hohe Rechenleistung sorgt, kann gestört werden.

Mögliche Störungsquellen bzw. negative Folgen sind:

Dekohärenz aufgrund von Wechselwirkungen mit der Umwelt
Wechselwirkungen mit der Umgebung, wie thermische Fluktuationen, elektromagnetische Felder, Hintergrundstrahlung oder andere Formen von „Rauschen“, können zu Dekohärenz führen. Dies geschieht in der Regel, wenn ein Quantensystem mit seiner Umgebung verschränkt wird und dadurch seine Kohärenz verliert.

Streuung und Kollisionen
Wechselwirkungen mit anderen Teilchen, wie z. B. Streuungen oder Kollisionen, können Phasenverschiebungen oder Veränderungen des Quantenzustands verursachen, was zu Dekohärenz führt.

Unvollkommene Steuerung und Messung
Ungenauigkeiten bei der Steuerung oder Messung von Quantensystemen können Fehler verursachen und die Kohärenz stören. Dazu gehören Fehler bei Gatteroperationen, unvollkommene Messungen oder Limitierungen der Versuchsgeräte.

Geometrische Phasen und topologische Effekte
Während geometrische Phasen und topologische Effekte zu einer Robustheit gegenüber bestimmten Arten von Dekohärenzmechanismen führen können, können bestimmte geometrische Phasen auch anfällig für bestimmte Störungen sein.

Verlust der Verschränkung
Die Verschränkung mit anderen Systemen kann ein Quantensystem vor Dekohärenz schützen. Der Verlust oder die Verschlechterung der Verschränkung aufgrund von Wechselwirkungen mit der Umgebung kann jedoch zu einem Zusammenbruch der Kohärenz im Quantensystem führen.

Angesichts dieser Herausforderungen sind das Verständnis für mögliche Folgen von Cyberattacken und die Verhinderung oder Abschwächung dieser Störungen von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung und die praktische Umsetzung von quantenbasierten Technologien, insbesondere in ADAS.

Quantentechnologie hat erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen

Die immense Rechenleistung und die präzise Datenerfassung, die die Quantentechnologie bietet, stellen die notwendigen Ressourcen für den Betrieb von ADAS bereit. Es ist zu erwarten, dass die Integration der Quantentechnologie in ADAS-Anwendungen nicht nur zum Mainstream wird, sondern auch erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen auf die Automobilindustrie haben wird. Einem Bericht von McKinsey zufolge wird diese bahnbrechende Technologie der Automobilindustrie bis 2030 zwischen 2 und 3 Milliarden US-Dollar einbringen.

Während die Automobilindustrie die Quantentechnologie begierig aufnimmt, ist es jedoch zwingend erforderlich, die mit der Quantentechnologie verbundenen Risiken im Auge zu behalten und Strategien zur Risikominderung zu implementieren, um die Sicherheit der Fahrzeuge und Fahrer zu gewährleisten.

Ziv Chang

ist Vice President of Automotive Cyber Threat Research Lab.

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