Gute Mischung aus Remote-Arbeit und On-Site

ITD: Frau Truong, im Rahmen des gegenwärtigen Digitalisierungsschubs sind IT-Fachkräfte gefragter denn je, doch fehlen sie an allen Ecken und Enden. Eine aktuelle Bitkom-Studie beziffert die Zahl von unbesetzten IT-Stellen inzwischen auf 96.000. Worin sehen Sie den Fachkräftemangel begründet?
Maria Truong: Dies betrifft zurzeit leider alle Branchen und hat unterschiedliche Ursachen. Zudem wurde der Fachkräftemangel durch die Pandemie noch verstärkt. Auf der einen Seite rückt die Work-Life-Balance stärker ins Rampenlicht und auf der anderen Seite steigen der Ruf und die Dringlichkeit nach Digitalisierung rasant an. Außerdem merken wir immer wieder einen Mangel an Interesse für IT-Weiterbildung bei immer größer werdenden Gehaltsforderungen. Dadurch macht sich der Markt derzeit selbst kaputt, weil beispielsweise große Firmen horrende Gehälter anbieten, diese aber mittels günstigeren Off-Shore-Rates abfedern können. Nicht zuletzt muss unserer Meinung nach auch die Förderungen von Frauen oder Quereinsteigern in der Branche verstärkt werden.

ITD: Welche Unternehmen/Branchen haben derzeit den größten Bedarf an IT-Fachkräften, gehen bei der Suche nach IT-Personal aber zunehmend leer aus?
Truong: Wir sehen einen großen Bedarf in der IT-Beratungsbranche allgemein – also bei Beratungshäusern, aber auch In-House-Positionen in Unternehmen und im Development. Die Zunahme von Cloud-Lösungen führt dazu, dass Data Security immer wichtiger wird und der Bedarf an Experten in dem Bereich immer größer. Zudem werden in Unternehmen heute immense Datenmengen verarbeitet. Spezialisten, die diese verwalten, interpretieren und benutzen können, werden von vielen Unternehmen händeringend gesucht. Zu guter Letzt sind auch der Digitalisierungswandel und der Druck der Software-Anbieter bei den Unternehmen spürbar.

ITD: Was müssen Großunternehmen heutzutage an ihren Recruiting-Prozessen optimieren und grundsätzlich bieten, um für IT-Fachkräfte interessant zu sein?
Truong: Große Unternehmen müssen generell darauf achten, ihre Recruiting-Prozesse flexibel und schlank zu halten. Auf der Suche nach Talenten muss man schnell sein, sonst kommt einem die Konkurrenz zuvor. Zudem, und das gilt für alle Unternehmen, muss es eine transparente Kommunikation geben.

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ITD: Welche Rolle spielen dabei ein hohes Gehalt und flexible Arbeitsmodelle wie etwa eine Mischung aus Homeoffice- und Büroarbeit?
Truong: Ein hohes Gehalt alleine, das in der IT-Branche ohnehin nicht mehr unüblich ist, reicht heute nicht mehr aus. Die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, dass eine Mischung aus Homeoffice und Büroarbeit zu einer besseren Work-Life Balance führt und für viele mittlerweile Voraussetzung ist. Grundsätzlich gilt einfach, dass Flexibilität den Unterschied macht. Vertrauen und Entwicklungsmöglichkeiten sind ebenfalls starke Motivatoren.

ITD: Was ist für Arbeitssuchende im IT-Bereich derzeit interessanter: ein langjähriges Arbeitsverhältnis oder flexible Beschäftigungsmodelle?
Truong: Eindeutig flexible Beschäftigungsmodelle. Viele Experten suchen nach Abwechslung und wollen neue Dinge lernen. Dies kommt einem externen Beratungshaus wie CNT natürlich zugute, weil es selten nur ein Projekt und ein System gibt. Unsere Mitarbeiter profitieren von vielschichtigen und abwechslungsreichen Projekten und Kunden, gepaart mit persönlicher Aus- und Weiterbildung in fachlichen, aber auch persönlichen Bereichen (Sabbaticals, Teilzeitmodelle, etc.). Die genannten Punkte führen dann aber oft zu langjährigen Arbeitsverhältnissen.

ITD: Inwieweit hat sich das Freelancing-Konzept in der IT-Branche bereits etabliert? Inwieweit greifen Großunternehmen in Sachen „IT-Expertise“ auf Solo-Selbstständige zurück?
Truong: Das ist aktuell sehr stark etabliert, es gibt viele Freelancer im IT-Bereich. Die Unternehmen sind aufgrund von Personalmangel immer mehr auf selbstständige IT-Spezialisten angewiesen. Diese gehen dann aber auch oft zurück in eine Festanstellung, da die Rahmenbedingungen hier meist sehr attraktiv sind. Ferner gibt es auch Unternehmen, die Freelancer als Einzelperson nicht beauftragen – vielmehr wird hier dann mit Bodyleasing-Firmen zusammengearbeitet.

ITD: Worin sehen Sie die Vor- und Nachteile einer Mehrfachbeschäftigung in der heutigen Zeit?
Truong: Die Arbeit in Teilzeit in verschiedenen Beschäftigungen hat den Vorteil, dass die Tätigkeiten abwechslungsreich sind, die Arbeit in kürzerer Zeit erledigt ist und die Kreativität gefördert wird. Allerdings bietet dieses Konzept auch Herausforderungen wie etwa Konflikte bei der Vereinbarkeit der Beschäftigungen und das Risiko von Überforderung.

ITD: Xing, Stepstone, Indeed, Jobmesse, Social Media: Über welche Kommunikationskanäle finden Unternehmen und zukünftige IT-Fachkräfte am besten zueinander und warum?
Truong: Für uns haben sich besonders Linkedin und Jobmessen sowie Karriereseiten bewährt. Grundsätzlich ist der Erfolg der Kommunikationskanäle für das Recruiting aber abhängig von Berufsumfeld, Bekanntheitsgrad des Unternehmens und den lokalen Begebenheiten. Während viele Unternehmen auf soziale Medien setzen, um Talente anzusprechen, hat sich mittlerweile sogar ein Gegentrend etabliert, da es eine regelrechte Nachrichtenüberflutung auf sozialen Kanälen gibt. Weiterhin sind Mundpropaganda und Empfehlungen durch Mitarbeiter oder Partnerfirmen und Kunden sowie Networking-Veranstaltungen wichtige Tools in der Branche.

ITD: Welche Fehler gilt es bei der Fachkräftesuche bzw. dem IT-Recruiting zu vermeiden?
Truong: Was gar nicht geht, ist Massenansprache. Eine individuelle Kontaktaufnahme und der Austausch dazu sind unumgänglich. Zudem scheitert es oft an unklaren Erwartungshaltungen seitens der Unternehmen oder es werden Zusagen gemacht, die im Anschluss nicht gehalten werden können. Das wirft kein gutes Licht auf die Personalführung und das Unternehmen. Ein häufiger Fehler ist außerdem, sich ausschließlich auf Lebensläufe zu verlassen und fachliches Wissen und Erfahrung nicht abzufragen.

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ITD: Was müssen Unternehmen anno 2022 insbesondere noch tun, um ein „great place to work“ zu werden?
Truong: Eigentlich sind das ganz grundlegende Dinge, die aber in vielen Unternehmen dennoch zu kurz kommen oder gar nicht vorhanden sind – wie etwa offen und transparent mit den Mitarbeitern zu kommunizieren, regelmäßig Feedback einzuholen und damit auch zu arbeiten. Auch wenn das heißt, Kritik entgegennehmen zu müssen, im Gegenzug aber auch Kritik konstruktiv zu vermitteln sowie gute Leistungen anzuerkennen und zu loben. Viele Mitarbeiter wünschen sich zudem, in ihren Stärken gefördert zu werden, also sollten ausreichende Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten geschaffen werden. Die Königsdisziplin sind regelmäßige und zur Firma und den Mitarbeitern passende Teambuilding-Maßnahmen, die über die Weihnachtsfeier einmal im Jahr hinausgehen. Diese können von gemeinsamen sportlichen Aktivitäten über kulturelle Ausflüge am Wochenende bis hin zur Workation am Strand reichen.

ITD: Welche Trends in Sachen „Zukunft der Arbeit“ sollten sie auf jeden Fall im Blick haben?
Truong: Einerseits gilt es, eine gute Mischung aus Remote-Arbeit und On-Site zu finden. Die Frage ist, wie man gewährleistet, dass die Kunden, das Unternehmen und die Mitarbeiter mit einer Lösung zufrieden sind. Alle Teammitglieder sollten so abgeholt werden, dass sie sich im Unternehmen wohlfühlen. Dazu gehören auch das passende Equipment und die technische Ausstattung für die Arbeit sowie die fachliche Förderung, also das „Empowern“ der Mitarbeiter. Außerdem ist es besonders wichtig, Frauen und Männer in der IT gleichermaßen zu fördern und zu unterstützen.

Bildquelle: CNT

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