„Unternehmen benötigen einen Reiseführer in die Cloud“

Das große Abenteuer Cloud-Migration. Mal eben schnell Anwendungen, Daten und IT-Ressourcen in eine Cloud migrieren? „Kein Problem“, sagen Cloud-Serviceprovider. Doch in der Praxis müssen Nutzer etliche Klippen umschiffen, damit Cloud-Services die erhofften Mehrwerte bringen.

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Welche Hürden das sind und wie sich diese überwinden lassen, erläutern Uwe Scheuber, Director Microsoft Business & Cloud bei Fujitsu, und Axel Frentzen, Senior Technical Partner Manager – Cloud, AI and New Solutions beim Fujitsu-Partner NetApp.

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CloudComputing-Insider: Herr Scheuber, hat das Thema Cloud für Unternehmen tatsächlich den hohen Stellenwert, den ihm Marktforscher und Serviceprovider bemessen?

Uwe Scheuber: Um es auf den Punkt zu bringen: Cloud Computing ist heute für jedes Unternehmen, aber auch in wachsendem Maße für öffentliche Auftraggeber unverzichtbar. Dafür sprechen die oft genannten Vorteile von Cloud-Services, etwa die hohe Flexibilität und Skalierbarkeit. Hinzu kommt, dass Cloud-Plattformen Unternehmen einen einfachen und schnellen Zugang zu neuen Technologien eröffnen, die für die Digitalisierung unverzichtbar sind, etwa künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen und das Internet der Dinge.

Axel Frentzen: Auch klassische Einsatzfelder wie Backup und Desaster Recovery profitieren von der Cloud. Ein beträchtlicher Teil der Kunden von NetApp repliziert geschäftskritische Workloads in Public-Cloud-Umgebungen, beispielsweise mit unserer Lösung Cloud Volumes ONTAP. Dadurch lassen sich solche Daten nach einem „Daten-GAU“ aus der Cloud schnell wiederherstellen.

Doch wie schaffen es Unternehmen, „in die Cloud zu gehen“? Ist dies so einfach, wie es die Anbieter solcher Services behaupten?

Scheuber: Nach unseren Erfahrungen – und auch von denen von Partnern wie NetApp – ist es keine triviale Aufgabe, eine schlüssige Cloud-Strategie zu entwickeln und umzusetzen. Ein Großteil der Anwender benötigt gewissermaßen einen „Reiseführer“, der sie auf diesem Weg begleitet. Sonst droht die Gefahr, dass Cloud-Computing-Projekte nicht die erhofften Mehrwerte bringen und dem Nutzer helfen, seine Digitalisierungsstrategie umzusetzen.

Mit welchen speziellen Herausforderungen sehen sich nach den Erfahrungen von Fujitsu und NetApp Unternehmen konfrontiert, die Cloud-Ressourcen nutzen wollen?

Scheuber: Anwender wissen oft nicht, wo sie ansetzen sollen. Dazu trägt bei, dass sich Cloud-Dienste auf einfache Weise buchen lassen. Das kann dazu führen, dass sich Kostenrisiken ergeben, vor allem dann, wenn Fachabteilungen quasi auf eigene Faust Cloud-Ressourcen ordern, möglicherweise sogar ohne Einbindung der IT-Abteilung.

Frentzen: Außerdem besteht oft eine gewisse Unsicherheit in Bezug auf die Data Governance, vor allem bei Unternehmen, die der europäischen Datenschutz-Grundverordnung unterliegen. Viele Unternehmen wollen auch dann, wenn sie Cloud-Umgebungen einsetzen, die volle Kontrolle über ihre Daten behalten und keine Sicherheits– und Compliance-Risiken eingehen.

Scheuber: Aus Sicht von Fujitsu kommen noch zwei weitere Herausforderungen hinzu: die Anbindung vorhandener IT-Umgebungen an eine Cloud und die erhöhte Komplexität, die durch Multi-Cloud-Umgebungen entsteht.

Wie können Unternehmen diese Herausforderungen meistern, vor allem Firmen, die noch keine Erfahrung mit Public Clouds und Multi-Cloud-Umgebungen haben?

Scheuber: Nach unseren Erfahrungen empfiehlt es sich, auf Frameworks zurückzugreifen. Möchte ein Anwender beispielsweise Microsoft Azure-Cloud nutzen, bietet sich das Microsoft Cloud Adoption Framework an. Dies ist eine Sammlung von Dokumentationen, Implementierungsleitfäden, bewährten Methoden und Tools von Microsoft, die Unternehmen dabei helfen, die Umstellung auf die Cloud zu beschleunigen und professionell umzusetzen. Fujitsu wiederum setzt mit seinem Framework, der Digital Business Reference Architecture, bereits einen Schritt zuvor an: Unsere Fachleute erarbeiten zusammen mit dem Kunden eine schlüssige Strategie für die Migration in die Cloud und den Aufbau einer Hybrid-IT-Umgebung. Denn die meisten Unternehmen bevorzugen eine Mischung aus Cloud-Services sowie „On-Premises“-Ressourcen im eigenen Data Center.

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Frentzen: Ein weiteres Element einer Cloud-Strategie ist, ein schlüssiges Konzept für die Datenbewegung von der Edge zum Core, sprich dem On-Prem-Rechenzentrum, und weiter in eine Cloud oder sogar in eine Multi-Cloud effizient und sicher zu ermöglichen. Nur dann ist eine funktionierende hybride IT möglich wenn die Datendurchgängigkeit nahtlos ist. Wir sprechen dann von einer „Data Fabric“. Die NetApp Lösungen unterstützen alle diese Data Fabric und sie lassen sich nahtlos in die Hybrid-IT-Konzepte der Fujitsu integrieren.

Das Ganze scheint nach Ihren Ausführungen ein ganz schön komplexer Vorgang zu sein. Wie sehen denn die einzelnen Schritte bei der Umsetzung eines solchen Frameworks aus und welche Hilfestellung bekommt ein Anwender dabei?

Uwe Scheuber, Fujitsu: „Es ist keine triviale Aufgabe, eine schlüssige Cloud-Strategie zu entwickeln und umzusetzen. Anwender benötigen gewissermaßen einen ‚Guide‘, der sie auf diesem Weg begleitet.“
(Bild: Fujitsu)

Scheuber: So komplex ist es nun auch wieder nicht. Aber natürlich ist eine umfassende Hilfestellung durch Fujitsu und NetApp erforderlich. Unsere Fachleute prüfen beispielsweise zusammen mit dem Anwender, welche Cloud-Strategie ihm den größten Mehrwert bietet, vor allem vor dem Hintergrund der Digitalisierungsstrategie, die das Unternehmen verfolgt. Das Ergebnis wird ein vielen Fällen der Aufbau einer Hybrid-IT sein. Es gibt jedoch auch Unternehmen, für die eine reine Cloud-Strategie die beste Lösung ist. Wichtig ist daher, gemeinsam den passenden Ansatz zu finden. Das erfolgt im Rahmen einer engen Zusammenarbeit, also eines Co-Creation-Prozesses, zwischen Experten von Fujitsu sowie der IT-Abteilung und den Fachbereichen des Kunden.

Wie sieht dann die Umsetzung der Strategie in der Praxis aus?

Scheuber: Zu den wichtigsten Punkten zählt ein Cloud-Readiness-Check. Er gibt beispielsweise Aufschluss darüber, welche Cloud-Strategie am besten zum Geschäftsmodell und der Branche passt, in der ein Unternehmen tätig ist und welche IT-Ressourcen und Anwendungen in eine Cloud verlagert werden können. In die Bewertung fließen weitere Faktoren mit ein, etwa welche IT-Umgebung vorhanden ist, über welche Qualifikation die Mitarbeiter verfügen und welche Compliance-Vorgaben gelten. Die Mitarbeiter von Fujitsu verwenden dabei „Best Practices“, die auf der Erfahrung von vielen Cloud-Projekten basieren, um eine maßgeschneiderte Lösung für den Nutzer zu erarbeiten.

Können Sie ein Beispiel für solche Lösungen nennen?

Scheuber: Unabhängig von dem favorisierten Ansatz einer Cloud-first oder Hybrid-IT Strategie lässt sich auf Basis des Data Fabric-Ansatz sehr gut umsetzen. Gerade Kunden die bereits NetApp Systeme im Einsatz haben profitieren hier von der umstellungsfreien Erweiterung. Und Cloud-Nutzer profitieren von leistungs- und kostenoptimiertem Storage in den Public Clouds wie Microsoft Azure.

Herr Frentzen, wie wichtig ist denn ein solches Datenmanagement für Cloud-Nutzer?

Frentzen: Es ist von zentraler Bedeutung. Denn die Mehrzahl der deutschen Firmen setzt auf Hybrid-Cloud– und Hybrid-IT-Umgebungen. Daher ist ein umfassender Blick auf alle Daten und deren Speicherorte unverzichtbar. Hinzu kommt der Kostenfaktor. Denn wer alle Daten in einer Public Cloud speichert merkt schnell, dass dies nicht automatisch die kostengünstigste Lösung ist. Wir haben in unsere Lösungen daher Technologien integriert, welche neben Funktionserweiterungen auch die Bereitstellungsoptionen von Storage- und Compute-Ressourcen unter dem Aspekt Original Post>

Wie funktioniert das?

Axel Frentzen, NetApp: „Ein wichtiges Element einer Cloud-Strategie ist eine durchgängige Data Fabric. Sie gibt Unternehmen die Kontrolle über ihre Daten auf jeder Ebene: am Edge, im Core, sprich dem eigenen Rechenzentrum, sowie in der Cloud.“
(Bild: NetApp)

Frentzen: Die Lösungen überwachen, wie intensiv die Ressourcen genutzt werden und welche Cloud-Services sich dafür unter den Aspekten Performance und Preis am besten eignen. So müssen beispielsweise Archivdaten nicht auf einer Cloud-Plattform vorgehalten werden, die für schnelle Zugriffe und kurze Antwortzeiten optimiert ist, sondern werden automatisiert und transparent auf kostengünstigen Speicher ausgelagert. Außerdem sind Lösungen wie NetApp ONTAP in der Lage, die ideale Balance zwischen Storage-Ressourcen in einer Cloud und im Unternehmensrechenzentrum sicherzustellen. Das spart nicht nur Kosten, sondern ist auch unter den Aspekten Data Governance und Verfügbarkeit von Storage-Kapazitäten wichtig.

NetApp hat im Sommer 2020 die Übernahme der Firma Spot abgeschlossen. Sind die Lösungen von Spot auch für Unternehmen relevant, die in Richtung Cloud migrieren wollen?

Frentzen: In jedem Fall. Denn Spot hat sich auf Application-Driven Infrastructures, kurz ADIs konzentriert. Ein Vorteil einer solche ADI ist beispielsweise, dass Unternehmen On-Demand-Server-Instanzen in Echtzeit auf besonders preisgünstige Pufferkapazitäten von Cloud-Hyperscalern wie Microsoft, Amazon Web Services oder Google verlagern können. Das erfolgt mit Unterstützung von KI- und Machine-Learning-Algorithmen. Der Nutzer profitiert davon in Form von geringen Kosten und einer optimalen Auslastung der Server.

Sobald klar ist, welche Cloud-Strategie die passende ist und welche Komponenten für die Umsetzung in Betracht kommen, stellt sich eine weitere Frage: Wer soll den Betrieb der Cloud-Umgebung übernehmen?

Scheuber: Richtig, vor allem angesichts des Trends hin zur Multi-Cloud ist das ein entscheidender Punkt. Daher legen Fujitsu und NetApp bei ihren Services großen Wert auf das Cloud-Betriebsmodell. Es muss perfekt zu den Anforderungen des Nutzers passen. Fujitsu bietet eine breite Palette von Betriebsmodellen an, von Managed Services über Managed-Hosted-Angebote, den Betrieb von Private und Hybrid Clouds bis hin zum Multi-Cloud-Management. Mit dem Fujitsu Service Hub hat Fujitsu im Herbst 2020 zudem eine neuartige, zentrale Service-Plattform vorgestellt. Über sie können Unternehmen über ein Web-Portal aus einem Servicekatalog den gewünschten IT-Dienst auswählen und legen fest, wo er aufgesetzt werden soll: im Unternehmensrechenzentrum, einem Datacenter von Fujitsu oder auf einer Public-Cloud-Plattform wie Microsoft Azure oder anderen Public Cloud Providern. Auch eine beliebige Kombination ist möglich. Der Weg in die Cloud oder der Schritt in Richtung Hybrid-IT ist somit für Unternehmen einfacher denn je.