„Erfolg ist IT-Erfolg“



ITD: Herr Gruhn, lange Zeit war die Rolle der IT auf Dienstleister und Erfüllungsgehilfen beschränkt. Die Musik spielte woanders. Inwieweit hat sich diese Sichtweise geändert?
Gruhn:
Immer mehr Entscheider erkennen: IT – richtig eingebunden und mit den notwendigen Kompetenzen ausgestattet – gestaltet die Zukunft von Unternehmen entscheidend mit. Denn neue Technologien schaffen neue Lösungen, neue Services, neue Geschäftsmodelle. Immer häufiger haben diese Technologien digitale Wurzeln, bauen auf Daten auf. Ob Logistik, Produktion oder unser Verständnis von gutem Service: Kein Bereich und keine Branche kann sich dem digitalen Sog entziehen. Erfolg ist IT-Erfolg – diese Erfahrung macht jedes Unternehmen.

ITD: Welchen Stellenwert hat die IT heutzutage in großen Unternehmen?
Gruhn:
Das Bild ist gemischt: Einerseits stammt die Aufstellung in vielen klassischen Unternehmen noch aus der Zeit vor der Digitalen Transformation. Der CIO soll die Kosten niedrig halten und den Laden am Laufen halten. Andererseits wächst das Bewusstsein, dass die IT viel mehr leisten kann. Rollen wie Chief Digital Officer (CDO) oder IT-Experten im Topmanagement sind ein Zeichen für dieses Umdenken. Was mir immer wieder auffällt: Die IT muss die Verantwortung auch übernehmen wollen. Wer an etablierten Prozessen und eingespielten Aufgabenverteilungen festhält, wird nicht im Fahrersitz der Digitalen Transformation landen.

ITD: Wie kann es gelingen, dass IT im Unternehmen völlig neu gedacht wird?
Gruhn:
Aus zahlreichen Gesprächen mit Verantwortlichen kristallisieren sich drei entscheidende Bereiche heraus. Damit die IT ihre volle Schlagkraft entfalten kann, sollten die Unternehmen ihr Augenmerk darauf richten. Einen Aspekt überschreiben wir mit „Ambidextrous Attitude“. Dahinter verbirgt sich ein organisatorischer Ansatz, der stabilen IT-Betrieb und visionäre Geschäftsideen verbindet: auf der einen Seite Teams, die für robuste und kosteneffiziente Anwendungen sorgen, und auf der anderen Seite Fachleute, die kreative und innovative Lösungen entwickeln und umsetzen. Im Gegensatz zu bimodalen Ansätzen sind diese Einheiten nicht voneinander getrennt. Ambidextrie betont das Gemeinsame in der IT und nicht das Trennende.

Der zweite Aspekt ist „Cloud Native Thinking“. Es geht darum, die Vorteile der Cloud voll auszuschöpfen, ohne die Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Die Cloud wird zum Standard in der IT. Sie ist nicht ein Thema unter vielen, sondern der Dreh- und Angelpunkt für Entwicklung, Bereitstellung und Betrieb. Die Cloud ist keine neue Idee – aber jetzt entfaltet die Technologie ihr volles Potenzial.

Und schließlich „Data Mindedness“, der aus meiner Sicht wirkungsvollste Faktor. Der richtige Umgang mit Daten entscheidet über den Erfolg eines Unternehmens. Denn Daten sind die Grundlage für Machine Learning und KI-Anwendungen. Diese Anwendungen ermöglichen es, Zusammenhänge zu erkennen und Entwicklungen vorherzusagen. Unzählige Anwendungen bauen auf diesen Fähigkeiten auf: von der vorausschauenden Wartung über die Vorhersage von Materialeigenschaften bis hin zum Erstellen von Texten. Anwendungen wie ChatGPT oder DALL-E zeigen, welche ungeahnten Möglichkeiten in den Daten stecken. Für Unternehmen gilt es, die Gunst der Stunde zu nutzen. Sie schaffen jetzt die Grundlagen – bei Technologien, Prozessen, Organisation und Qualifikationen –, um von den Vorteilen zu profitieren.

Diese drei Bereiche können nicht isoliert betrachtet werden. Sie hängen zusammen und bedingen einander. Deshalb fassen wir diese Entwicklung unter dem Schlagwort „New School of IT“ zusammen.

ITD: Welche Aufgaben sollte ein IT-Dienstleister übernehmen, um die Rolle der IT im Unternehmen nachhaltig zu stärken und die Potenziale zu heben?
Gruhn:
Ein guter IT-Dienstleister ist ein Sparringspartner für den gesamten Veränderungsprozess. Kaum ein Unternehmen bringt aus dem Stegreif alle Kompetenzen und Erfahrungen mit, um den notwendigen Wandel in der IT zu gestalten. Ein breit aufgestellter IT-Dienstleister ergänzt gezielt fehlendes Know-how im Unternehmen. Das hilft den Beteiligten, die Themen anzugehen und schnell Ergebnisse zu liefern. Perspektivisch sorgt er mit Schulungen dafür, dass die vorhandenen Mitarbeiter die Wissenslücken schließen. Darüber hinaus hilft die Perspektive eines externen Partners, die eigenen Voraussetzungen besser zu verstehen und die eigenen Ziele präziser zu formulieren. Denn bei aller Technik geht es um zutiefst menschliche Themen: um die Angst vor Veränderung, um das Anpassen von Denk- und Arbeitsweisen. Wer schon viele IT-Verantwortliche in ähnlichen Situationen unterstützt hat, erkennt mögliche Fallstricke und Herausforderungen früher und findet schneller Lösungen.

Bildquelle: Adesso

Original Post>

Softwareentwicklung: 7 Erfolgsfaktoren für Nearshoring