Studie Digital Workflows 2023: ESM umsetzen? Nicht ohne Change!

Wie steht es in deutschen Unternehmen um ITSM und ESM? Eine aktuelle Studie von Computerwoche und CIO gibt Aufschluss.

Foto: MJgraphics – shutterstock.com

IT Service Management (ITSM) ist und bleibt geschäftskritisch, um die digitale Transformation voranzutreiben und die Effizienz in den Unternehmen zu erhöhen. Zudem wollen viele Firmen die Erfahrungen aus dem ITSM auf das Service Management in den Fachbereichen übertragen. Das zeigen die Ergebnisse der aktuellen Studie zu Digital Workflows 2023, die CIO, CSO und COMPUTERWOCHE gemeinsam mit Ivanti, ESCRIBA, Serviceware, Micro Focus, ONEiO Cloud, USU und Efecte realisiert haben. Dazu wurden 350 Entscheider aus der DACH-Region zu ihren Ansichten, Plänen und Projekten rund um ITSM und ESM befragt.

Ein erster Bericht zu den Ergebnissen der Studie befasste sich mit dem Status quo von ITSM in deutschen Unternehmen. In diesem zweiten Teil stehen im Mittelpunkt:

  • die Ziele bei ITSM und ESM,
  • die Voraussetzungen für erfolgreiches ESM und
  • die Rolle der Fachabteilungen.

Zur Studie ‘Digital Workflows 2023' im Aboshop

Mit Abstand wichtigstes Ziel bei der Einführung von ITSM-Lösungen sind optimierte IT-Prozesse, um die Effizienz im Unternehmen zu erhöhen. Das sagen 62 Prozent der Befragten. Auffällig hoch sind hier die Werte beim C-Level-Management, den großen Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitern und der IT-Abteilung. Allerdings hat nur etwas mehr als die Hälfte der Firmen ihr Hauptziel “Prozesse optimieren” vollständig erreicht. Bemerkenswert: Weniger als ein Drittel der Firmen sehen das ITSM-Tool als Mittel, um die Voraussetzungen für die digitale Transformation zu schaffen, und nur 29 Prozent wollen damit die Grundlage für mehr IT-Automatisierung bilden.

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Bei ESM-Lösungen gibt es einen anderen Schwerpunkt. 57 Prozent der Unternehmen wollen mit ESM-Lösungen vor allem die Zufriedenheit von Kunden und Mitarbeitern erhöhen. Das gilt vor allem für die großen Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitern und das obere Management (65 Prozent). 44 Prozent (59 Prozent große Unternehmen) haben das Ziel, mit Hilfe einer ESM-Lösung die Service-Prozesse außerhalb der IT zu optimieren.

Laut Andreas Schmid, Director Sales Engineering bei Ivanti, wird es hier aber nicht funktionieren, einen nicht-digitalen Workflow einfach nur zu digitalisieren: “Unternehmensprozesse müssen neu gedacht werden. Ansonsten werden wir auch zukünftig die Digitalisierung nicht vorantreiben können. Firmen müssen den Fokus nicht nur auf der Digitalisierung der Prozesse legen, sondern sie müssen den Unternehmensprozess ganzheitlich betrachten. Je besser die Synchronisation zwischen IT und Fachabteilung und je reibungsloser und automatisierter die eingesetzten Dienste laufen, desto höher ist auch die Entlastung, die auf beiden Seiten erreicht wird.”

  1. Florian Hennhöfer, Efecte
    “ESM benötigt eine Öffnung der IT-Abteilung hin zu den Fachbereichen bei der Analyse zu digitalisierender Prozesse und deren Umsetzung/Implementierung. Die IT benötigt Personal welches gemeinsam mit den Fachbereichen die Anforderungen aufnehmen und die Einführung begleiten kann.“
  2. Dr. Juergen Erbeldinger, ESCRIBA AG
    „Bei der Implementierung eines ESM auf der Basis von No-/Low-Coding Technologie können Fachabteilungen die IT ideal unterstützen und so den IT-Bottleneck umgehen. Die Fachabteilungen sind dadurch in der Lage, ihre Workflows eigenständig zu optimieren und zu erweitern. Die IT-Abteilung stellt die NLC-Plattform bereit, die Fachbereiche und/oder der COO bzw. CXO kümmert sich um die Umsetzung von End-to-End Prozessen.“
  3. Andreas Schmid, Ivanti
    „Durch so genannte No-/Low-Coding ITSM/ ESM werden es Fachbereiche immer einfacher haben, sich einer gesamtheitlichen Unternehmensplattform anzuschließen. Damit stehen aber die Endbenutzer auch immer mehr im Fokus. DEX (Digital Enduser Expierence) ist damit ein nicht umgänglicher nächster Schritt in der Entwicklung des ITSM / ESM. Die Mitarbeiter aus den einzelnen Fachabteilungen sind somit die wahren Treiber der Digitalisierung und Automatisierung. Daher brauchen Unternehmen sowohl Mitarbeiter mit IT-Know-How als auch die Mitarbeiter aus den Fachabteilungen, um gemeinsam die Digitalisierung voranzutreiben.“
  4. Sven Schindler-Grünholz, ONEiO Cloud
    „Entscheidend für den Erfolg von ESM ist die partnerschaftliche Zusammenarbeit – und zwar nicht nur innerhalb des eigenen Unternehmens, sondern auch mit den externen Partnern. Wir müssen wegkommen von „Fürstentümern“ und Silodenken. Es gilt unseren Blick zu erweitern, ohne dabei die ureigensten Interessen aus dem Blick zu verlieren: Kundenzufriedenheit und eine positive Geschäftsentwicklung.“
  5. Dr. Florian Meister, Serviceware
    „Ein grundlegender Schritt für Fachabteilungen ist, eine Servicementalität zu entwickeln und in der Organisation zu implementieren. War dieser Wandel in den vergangenen Jahren vor allem durch den Wunsch nach einer höheren Kunden- oder Mitarbeiterzufriedenheit begründet, zeigen Projekte heute, dass „Serviceorientierung“ als ökonomisch notwendig erkannt und deshalb stärker getrieben wird. Ganz praktisch geht es dann darum, das eigene Serviceangebot zu formulieren und Aufbau- und Ablauforganisation inklusive ihrer Leistungsbeziehungen „ESM-tauglich“ machen, das heißt vor allem: klar und eindeutig zu definieren.“
  6. Peter Stanjeck, USU
    „Laut uns vorliegenden Zahlen sind in über 90% der Fälle die IT-Abteilungen der Treiber von ESM-Einführungen. Für die IT ist das die Chance, als Innovator und als Coach in die Service-Prozesse der Fachabteilungen einzuwirken. Fachabteilungen wie HR oder Facility Management hegen jedoch oft unbegründete Vorbehalte: Was für die IT passe, könne ja niemals für den Fachbereich passen. Das ist nicht richtig, denn die über viele Jahre verfeinerten Best Practice Modelle aus der IT bringen enorme Vorteile für andere Serviceorganisationen. Es braucht also mehr Transfer. Fachabteilungen könnten sich stärker als Treiber entwickeln und die Rolle des aktiven Auftraggebers einnehmen, der die IT für die Ausweitung der Service Management-Prozesse beauftragt.“

Die engere Zusammenarbeit zwischen der IT und den Fachabteilungen und andere organisatorische Änderungen sehen die meisten Befragten als wichtigste Voraussetzungen dafür, dass ESM funktioniert. 84 Prozent der Firmen stimmen folgender Aussage voll und ganz zu, zu oder eher zu: “ESM benötigt das Bewusstsein im Unternehmen, dass Geschäftsprozesse über Bereichs- und Systemgrenzen hinweg digitalisiert werden müssen”. 77 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass sie allein mit ESM-Tools keine optimierten Digital Workflows erreichen, sondern dafür auch eine entsprechende Unternehmenskultur notwendig sei mit besserer Zusammenarbeit über alle Ebenen hinweg. Doch wie können diese organisatorischen Änderungen konkret aussehen?

Für Dr. Florian Meister, Geschäftsführer Strategic Service Consulting bei Serviceware müssen Aufbau- und Ablauforganisationen mit ihren Verantwortlichkeiten eindeutig und möglichst stringent aufgestellt sein. “Denn historisch gewachsene, komplexe Strukturen oder Strukturen mit unklaren Verantwortlichkeiten machen das Aufsetzen und Weiterentwickeln von Workflows nahezu unmöglich. Dies muss auch kulturell berücksichtigt werden. Unternehmen, Leistungsbeziehungen ändern sich stetig. Damit dieser Wandel nicht dazu führt, dass einfache, stringente Prozesse sich mit dem Zeitablauf wieder verwässern und komplexer werden, muss kulturell eine stetige Anpassung an den Veränderungen umgesetzt sein.”

Auch ESCRIBA-CEO Dr. Juergen Erbeldinger sieht die unklare Zuordnung und Verantwortung für den Prozess End-to-End als größtes Hindernis für die Umsetzung von ESM: “Sobald Prozesse über mehrere Bereiche laufen, fehlt oft der oder die Impulsgeber:in und damit dann auch der oder die Treiber:in. Um ein ESM-Projekt aufzusetzen, müssen unterschiedliche Fachbereiche und die IT koordiniert werden.” Seiner Meinung nach sind Aufwand und Nutzen meist nicht gleichmäßig über die Bereiche verteilt. “ESM liegt oft in der IT, gehört aber eigentlich zum COO besser noch zum CXO. Die IT stellt die Plattform(en) zur Verfügung und COO/CXO verantworten die Prozesse”, so Erbeldinger.

Einen kulturellen Change fordert Peter Stanjeck, Senior Vice President / Geschäftsführer bei USU: “Die Angst vor der Transparenz durch die Einführung von ESM-Prozessen in Servicebereichen außerhalb der IT muss den Beteiligten genommen werden. Kennzahlenauswertungen, Bearbeitungszeiten, Lösungsquoten sowie Auswertungen über die Nutzung von Chatbots sollen die Prozesse kontinuierlich verbessern und dürfen nicht als Kontrollwerkzeuge empfunden werden.” Die Herausforderung: Die Serviceorganisationen in HR, im Accounting oder im Facility Management müssten diesen Wandel zunächst einmal akzeptieren, so Peter Stanjeck. “Rollen wie ein zentraler Service Desk sind in Fachbereichen außerhalb der IT oftmals nicht etabliert, und es gibt natürliche Skepsis vor Neuem.”

Grundsätzlich geht es vor allem um eine bessere Synchronisation zwischen der IT und den Fachabteilungen. Aktuell dominiert die IT die Themen ITSM und ESM immer noch sehr stark. Das bestätigt auch die vorliegende Studie. Die IT-Abteilung ist und bleibt weiterhin der Treiber von Innovationen bei den Service-Prozessen und entscheidet meist über die Auswahl von ITSM- und ESM-Tools. Sie hat bislang die Erfahrung und das Know-how, wie sich softwarebasierte Systeme auch auf andere Bereiche übertragen lassen.

Künftig stehen hier aber die Fachabteilungen mehr in der Pflicht. Der Aussage “Die Mitarbeitenden aus den Fachbereichen müssen die Digitalisierung ihrer eigenen Service-Prozesse mittels Nutzung eines ESM-Tools verantworten bzw. vorantreiben” stimmen 81 Prozent der Unternehmen voll und ganz zu, zu oder eher zu. Dafür ist auch in den Fachabteilung eine höhere IT-Kompetenz gefragt, um Prozesse künftig stärker im Self Service in digitale Workflows umsetzen zu können – natürlich im stetigen Austausch mit der IT.

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“Entscheidend ist hier eine partnerschaftliche Zusammenarbeit in den Unternehmen: Nicht die Fachabteilung sollte sich ertüchtigen, sondern die IT-Abteilung ist gefragt, diese mit ins Boot zu nehmen. Gleiches gilt auch umgekehrt: Fachabteilungen schauen gerne auf die IT als Kostenblock herab, den man heutzutage leider haben muss”, sagt Sven Schindler-Grünholz, Head of DACH Region bei ONEiO Cloud. “Daher sollten die IT-Abteilungen Fachwissen aufbauen, um ihre internen Stakeholder und Kunden besser zu verstehen und auf Augenhöhe kommunizieren zu können.”

Für Florian Hennhöfer, Director Partner Enablement bei Efecte Germany, wird die IT technisch immer der Betreiber der nötigen Plattformen für ITSM und ESM bleiben. “Für den Bereich ITSM bleibt die IT auch der Auftraggeber. Bei ESM sind dies jedoch die Fachabteilungen. Hierfür benötigt es eine gemeinsame Arbeitsbasis, d.h. entweder IT-Personal, welches nicht nur IT ‘spricht', oder Personal aus den Fachabteilungen, das ein gewisses Verständnis für die Arbeitsweise und Funktionalität der Plattform mitbringt und nicht nur im eigenen Prozess denkt.”

Damit ESM erfolgreich abläuft, müssen Firmen die Zusammenarbeit zwischen internen Abteilungen/Fachbereichen und externen Partnern gut organisieren. Prozessual & technologisch (Mehrfachnennung) arbeitet die IT in 40 Prozent der Firmen im ESM-Tool anderer interner Abteilungen/Fachbereiche, in 34 Prozent im ESM-Tool externer Partner. Die internen Fachbereiche arbeiten in etwas mehr als einem Viertel der Firmen im ESM-Tool externer Partner.

Den Idealfall mit einem vollständig integrierten ESM-Tool, in dem alle internen Bereiche gemeinsam arbeiten, leben nur 31 Prozent der Unternehmen. Hier gibt es Nachholbedarf. Ein interessantes Bild ergibt sich bei der organisatorischen Aufteilung. In jeweils 48 Prozent der Firmen sitzen die Process Owner für ESM im IT-Bereich beziehungsweise im betroffenen Fachbereich. Hier ist die IT also nicht mehr so dominant.

Bei der Wahl der geeigneten Lösung für die Digitalisierung von Workflows außerhalb der IT schwanken die befragten Unternehmen. Jeweils 23 Prozent der Firmen würden dafür ein allgemein einsetzbares Workflow-Tool sowie eine spezifische Branchenlösung einsetzen, 22 Prozent ein universelles ITSM/ESM-Tool. 13 Prozent der Firmen würden Workflows in Non-IT-Bereichen künftig mit Cloud-Management-Tools digitalisieren, 11 Prozent mit Robotic Process Automation.

Bei der Auswahl einer ITSM-/ESM-Lösung achten Firmen vor allem auf Integrationsfähigkeit (42 Prozent) und die flexible Modellierung von Prozessen (37 Prozent). Weitere wichtige Kriterien bei der Auswahl einer ITSM-/ESM-Lösung sind die flexible Modellierung von Prozessen, die unternehmensweite Einsetzbarkeit in Funktionsbereichen wie IT, HR, Facility Management oder Field Service sowie viele ITIL-Prozesse.

Bei der Wahl eines Anbieters von ITSM-/ESM-Software-Lösungen legen Firmen vor allem Wert auf das technologische Know-how (40 Prozent). Ein Drittel der Firmen achten bei der Auswahl des Anbieters auf Branchenkompetenz und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, gefolgt von Prozess-Know-how mit 28 Prozent. Fast ein Viertel der Firmen (23 Prozent) würde den günstigsten Anbieter wählen. Im Vorjahr lag dieses Kriterium nur bei 16 Prozent. Da auch das Kriterium Preis-Leistungs-Verhältnis weit vorne liegt, deutet das darauf hin, dass die Firmen angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage bei der Auswahl eines ITSM-/ESM-Anbieters wieder mehr auf möglichst niedrige Kosten achten.

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